Bovec

Nach dem leider ziemlich verregneten Sommer, wäre es eine tolle Sache, nochmal einen Ausflug in ein anderes Land zu unternehmen, dachten sich Michael und ich. Als Ziel hatten wir schon länger Bovec in Slowenien im Blick. Diesen wunderschön inmitten der Alpen gelegenen Flugplatz. Am Samstag, den 04. September sahen die Wetteraussichten vielversprechend aus: Heiter und Gewitter wären nur in Südtirol zu erwarten.

VFR Routes

„Lass es uns versuchen“ dachten wir uns und gaben den Flugplan nach Bovec auf, der auch ohne weiteres von der DFS genehmigt wurde. Bei absehbar schlechten Verhältnissen würden wir umdrehen oder müssten im schlimmsten Fall in Bovec bis zum nächsten Tag auf besseres Wetter warten – dass es am Sonntag mindestens am Morgen gut fliegbar sein würde, war laut Flugwetterbericht sehr sicher.

Auch wenn eine Durchquerung der Alpen mit dem Flugzeug nach Sichtflugregeln eine detaillierte Planung benötigt, da ein Umfliegen von Wolken aufgrund der Höhe der Berge vielfach nicht möglich ist, so gibt es doch immer auch in den Alpen Alternativrouten, die ein sicheres Fliegen ermöglichen. Am besten, man hält sich entlang der VFR Routen, die für die einzelnen Alpenländer angegeben werden. Diese führen durch Täler und bieten dem Piloten die höchste Wahrscheinlichkeit, die Alpen auch bei weniger optimalem Wetter, sicher zu durchqueren. Bei gutem Wetter kommt ansonsten auch ein Überfliegen der Berge in Frage, insofern dadurch nicht kontrollierter Luftraum berührt und die menschliche Leistungsfähigkeit hinsichtlich Sauerstoffgehalt der Höhenluft im Auge behalten wird. Die VFR Routen werden auch von vielen Tools zur Flugdurchführung angezeigt. Im Artikel ist zum Beispiel ein Screenshot von SkyDemon zu sehen.

Ansonsten gilt für Slowenien zu beachten, dass ein Flugplan aufgegeben werden muss und nach Slowenien nur an definierten Punkten eingeflogen werden darf. Die Aufgabe des Flugplans ist mit der Hilfestellung der DFS auch kein Hexenwerk und gelingt leicht. Die für die Routenangabe notwendigen Punkte können aus dem Flugplanungstool z.B. SkyDemon entnommen werden.

Der wendige und spritzige Breezer unseres Vereins erschien uns als optimal geeignet für unser Vorhaben: kleine Abmessungen und wirksame Klappen versprechen ein angenehmes Navigieren in den engen Bergtälern, auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten im Anflug.

Wir starteten um kurz nach 10:00 Uhr in Oberschleißheim und eröffneten über FIS den Flugplan. Unsere konkrete Route führte uns von Oberschleißheim EDNX auf direktem Wege nach Kiefersfelden, wo wir in den österreichischen Luftraum einflogen. Die Schlüsselstelle auf unserer Route lag beim Überflug der Fellberntauern. Hier ist nur ein enger Nord-Süd Korridor vorhanden, um die Hohen Tauern zu überfliegen. Die höchste Stelle liegt bei 8500 Fuß. Nach West und Ost liegt das Naturschutzgebiet Hohe Tauern, in das nicht eingeflogen werden darf. Zum Glück waren die Bedingungen nahezu perfekt und wir konnten die Fellberntauern ohne Probleme überfliegen. Wir wurden mit tollen Blicken auf den Großglockner und den Großvenediger belohnt.

Nun ging es entspannt entlang der Täler der Drau und der Gail in Österreich zum Überflugspunkt NIPEL nach Slowenien. Die Kontaktaufnahme mit FIS gelang erst nach mehreren Versuchen. Auch beunruhigte uns die niedrige Wolkenbasis, die fast an die etwa 5000 ft hohen Bergen an der Grenze gereicht haben. Wir entschieden uns für die Route südlich vom Triglav, da die Berge dort „nur“ etwa 5800ft hoch sind. Tatsächlich führte uns der Einflug ins Soca Tal nördlich von Bovec knapp unter der Wolkendecke hindurch in das enge Tal. Ab jetzt hieß es konzentriert bleiben und Höhe abbauen - der Flugplatz Bovec selbst liegt nur auf 1400 Fuß. Die Kommunikation mit der Flugleitung in Bovec war anfangs etwas holprig, aber schließlich doch eindeutig.

Am Flugplatz Bovec selbst gibt es keine definierte Platzrunde, jedoch sollte man nicht das nördlich gelegene Bovec überfliegen, so dass nur eine südliche Platzrunde übrig bleibt. Diese ist sehr eng und reicht bis an die Berghänge heran – Turbulenzen müssen daher immer im Gegenanflug erwartet werden. Da wir im Gegenanflug noch zu hoch waren, um zu landen, entschieden wir uns in Absprache mit dem Flugleiter für einen langen Endanflug. Um sich die Dimensionen zu vergegenwärtigen bedeutet ist ein „langer Endanflug“ eigentlich ein normaler Endanflug auf anderen Plätzen. Um zum langen Endanflug zu gelangen, muss durch eine Talverengung in der Verlängerung der Start- und Landebahn geflogen werden. Dahinter bietet sich dann genug Platz, um eine Kehre zurück zum Flugplatz zu fliegen.

Die eigentliche Landung war unspektakulär, aber durch die etwas holprige Grasbahn war auch nach dem Aufsetzen höchste Konzentration gefragt. Im An- und Abflug gibt es keine geeigneten Landeflächen, so dass ein Motorschaden beim Start oder bei der Landung fatale Konsequenzen hätte.

Wir wurden freundlich am Flugplatz nach etwa 2 Stunden Flugzeit empfangen. Es war einiges los, da am Tag unseres Fluges viele Fallschirmspringer abgesetzt wurden. Nachdem wir uns die Telefonnummer der slowenischen Flugsicherung besorgt hatten, konnten wir auch unseren Flugplan schließen. Da wir kurz vor der Landung den slowenischen FIS nicht mehr in den Alpen erreichen konnten, blieb uns nur die Schließung des Flugplans per Telefon (ein Flugplan mit Flugziel im Ausland kann übrigens nicht von der Homepage des DFS AIS geschlossen werden).

Wir ließen die Maschine am Flugplatz zurück und erkundeten Bovec zu Fuß – das Stadtzentrum des kleinen Örtchens liegt nur etwa 1km vom Flugplatz entfernt. In und um Bovec werden viele Aktivitäten angeboten, so dass man hier durchaus auch einige Tage verweilen kann. Leider war das für uns keine Option. Im Hinblick auf das Wetter entschieden wir uns gegen 15:00 Uhr für den Rückflug.

Bovec Anflugrouten

Für den Rückflug wäre lediglich die Route über den Vršič Pass oder aber über das südliche Soca Tal infrage gekommen. Die Route über den Vršič Pass erschien uns ebenfalls als zu riskant, da dieser auf einer Höhe etwa 5300 Fuß liegt und die Distanz vom Flugplatz bis zum Pass im engen Tal zu gering gewesen wäre, um genügend zu steigen. Deshalb entschieden wir uns für die weitere aber sichere Route über das südliche Soca Tal. Bei schlechten Sichtbedingungen kann man hier auch der Bahnlinie in Richtung Bled folgen, da diese nicht über große Erhöhungen führt.

 

Der Ausflug von Slowenien nach Österreich gestaltete sich als unkompliziert. Wir hatten unseren Flugplan nur bis Nötsch in Österreich aufgegeben. Hintergrund war, dass wir in Nötsch tanken mussten, da in Bovec kein Benzin verfügbar war. Wir wurden von der Flugleitung bei 30 km/h Rückenwind zur Landung auf die Piste 27 gelotst. Da die Grasbahn lang und perfekt gepflegt ist, gelang auch dies.

Nach dem Tanken entschieden wir uns nach einem Studium des aktuellen Wettergeschehens dafür, die Hohen Tauern östlich entlang der Tauernautobahn zu überfliegen. In Südtirol regnete es bereits und für den Fall, dass eine Überquerung der Felberntauern nicht möglich gewesen wäre, hätten wir eine weite Ausweichroute nach Westen fliegen müssen. Wir entschieden uns daher direkt für die Ostroute. Das Wetter war dort für den Überflug perfekt und wir bestaunten die größtenteils menschenleere Gebirgslandschaft.

Da fast auf der Route gelegen und da das Wetter dazu einlud, umflogen wir noch einmal den Watzmann und grüßten die Wanderer, die sich auf dem Weg ins Tal befanden. Der weitere Rückflug verlief relativ ereignislos, bis auf einen nahen Vorbeiflug an mehreren Heißluftballons. Wir wurden von den Besatzungen und Gästen der Ballone freundlich gegrüßt. Um 16:14 Lokalzeit landeten wir schließlich wieder wohlbehalten in EDNX.

Unser Resümee: Der in atemberaubend schöner Landschaft gelegene Flugplatz Bovec ist auf jeden Fall eine Reise wert. Die notwendigen Vorbereitungen sind überschaubar, doch das Wetter muss unbedingt passen, um den Flug auch genießen zu können.