Schweden

Auf einmal stand das Ziel fest. Schweden. Genauer Jönköping. In der nähe gäbe es eine Hütte direkt am See. Wie man es halt aus den Filmen kenne. Die Entscheidung mit was man da hin kommt war nicht eine Sekunde in Frage gestellt. Es sollte mit der D-EBIF sein. Eine Piper PA 28 200R. Sie vermittelt Reisetauglichkeit.

Ab jetzt gab es nur noch 2 Dinge die beachtet werden mussten. Hoffentlich ist das Wetter fliegbar und wie kommt man hin. Das mit dem Wetter konnte man nur beobachten. Zum ersten Mal wurden die persönlichen Minima mit denen geflogen werden kann hin und her überlegt. Falls also das Wetter nicht so mitspielen sollte ab wann wird man die Entscheidung treffen nicht zu fliegen? Das mit dem Wie fing dann schon mit dem beschaffen der notwendige Infos an. Also was braucht man um nach Schweden zu fliegen. Als erstes dachte ich braucht man das Cross Border Information Applet. Kurzum da steht nix was es nicht auch in den AIPs zu Lesen gibt. Vielleicht durchaus sortierter und damit handlicher. Die App ist aber eigentlich nur eine Link-Sammlung und damit im Offline Fall eh unbrauchbar. Teilweise waren die Links zumindest für Schweden nicht mehr korrekt und verliefen ins Leere.

Als nächstes wurden die zwei südlichen Luftfahrer Karten von Schweden besorgt, Malmö und Göteborg. Die waren schon eher nützlich. Bei den elektronischen Karten fingen die Kompromisse an. Es sollten Anflugkarten und aktuelle elektronische Karten für Schweden, Dänemark und Deutschland her. Letzten Endes fiel die Entscheidung auf Jeppesen Mobile Flight Deck VFR. Es war des Öfteren in den Medien und ich wollte es nun auch mal testen. Das Schmankerl dabei: Das Full Package kam mit allen Karten und Anflugblättern für 30 Tage kostenlos daher. Da muss man nicht lange überlegen. Bisher hatte ich Air Navigation Pro verwendet. MFD ist halt ein einfaches rundum sorglos Paket, das aber manches Feature missen lässt. 

Dann ging es darum die Route herauszufinden. Alles rechnen half nichts, die Strecke musste auf 2 Etappen aufgeteilt werden, mit einem Tankstopp in der Mitte. Als zweites gab es die Empfehlung beim ersten Mal nicht gleich übers offene Meer zu fliegen. Weil wegen fehlendem Horizont und möglicher widriger Umstände sei es als gewohnter Voralpenflieger beruhigender wenn man Land sähe.

Damit war die Route für den Hinflug schon nahezu festgelegt. Als Zwischenstopp wurde Schwerin-Parchim/EDOP ausgesucht. Lag nahezu mitten auf der Route und war eine Empfehlung eines mitfliegenden Fliegerkollegen. Erst der zweite Blick realisierte die 3km lange Landebahn. Hoffentlich hält sich dort der Flugverkehr in Grenzen.

Die zweite Strecke ging entlang der Küste von Dänemark und dann rüber nach Schweden Richtung Nordost. Malmö schien wegen Kopenhagen etwas mehr Aufmerksamkeit zu fordern, aber auch ohne große Umwege machbar. Vielleicht bekommt man ja eine Freigabe.

Als nächstes ging es daran meinen ersten Flugplan aufzugeben. In der Theorie hat man es irgendwann mal gelernt. In der Praxis kämpft man dann mit jedem Detail. Was hat nochmal das Flugzeug für eine Ausrüstung? Also dann, Route herausgesucht und mit der DFS gesprochen. Die, vollkommen kooperativ, haben geholfen und einem auch gleich mal ein Briefing zur Route zum Anschauen zugeschickt.

Die Route war gesteckt, der Flugplan vorbereitet, die Motivation steigerte sich immer mehr zumal das Wetter inklusive der nächsten 5 Tage perfekte Flugbedingungen vorhersagte. Von wegen Minima ausloten. Dieses Mal noch nicht. Und das für ganz Europa!

Schlagartig wird die Motivation ersetzt durch Adrenalin. Am Tag vor dem Abflug sollte noch ein kurzer Checkflug stattfinden mit anschließendem Packen. Tja, Probleme beim RPM Check. Kein Abfall auf der linken Seite. So wollte ich dann doch nicht starten. Und dann lief das volle Support Programm an. Mit meinem Chef Mechaniker des Vertrauens kurzgeschlossen und beraten. Rechts Abfall, links kein Abfall aber Starten ging ohne Probleme. Ein weiterer Anruf bei meinen Mitfliegern um Ihnen schon mal vorsorglich darauf vorzubereiten dass der Charterflug nach Schweden wegen eines möglichen Defekts ausfallen könne. Fast schon beiläufig mit ruhiger Stimme fragte mich mein Fliegerkollege weiter über das Problem aus. Dann meinte er sachlich. Das liegt an einer fehlenden Erdung. Hm. War es so einfach? Dann noch weitere Tests gemacht, Zündschlüssel auf aus brachte die Erkenntnis: Motor ging nicht aus. Also doch: Fehlende Erdung. Cowling auf und reingeguckt. Siehe da Erdungskabel ab vibriert. Das ganze wurde innerhalb kürzester Zeit dann behoben. Genial. Vielen Dank an meine Flieger Freunde. Die Motivation kam zurück.

Jetzt konnten wir loslegen. Flieger vollgetankt und bepackt ging es dann am nächsten Tag mit 3 Personen los. Wie gesagt, geniales Flugwetter erwartete uns.

Der Flug nach EDOP war kein Problem. Die Landebahn hätte auch Quer noch gereicht. 3km sind schon laaaang. Und die unten stehenden Flieger allesamt Airbus A340 und Konsorten, 7 Stück standen da rum. Da kommt man an sich doch recht klein vor. Der Verkehr war dann doch irgendwie gespenstisch ruhig. Außer uns war noch eine SR22 im Anflug. Daher war auch der Einflug in die Kontrollzone und die Kommunikation mit dem Tower kein Problem.

Aber das Beste kommt noch. Und das war nicht der Tanklaster der direkt zur Piper gefahren kam, bei dem man sofort das Bild eines Mega-Tankanschlusses des dastehenden Schwermetalls im Kopf hatte. Aber es gab auch einen Nebenanschluss mit kleiner Zapfpistole. Nein, es war das Abfertigungsgebäude. Die Abfertigungshalle war Nigel Nagel neu. Quasi noch eingepackt. Die Scanner. Die Gepäckbänder. Selbst die Mülleimer.

„Entschuldigt bitte, wir eröffnen erst in 2 Wochen“. So begrüßte man uns an der Information am obligatorischen C-Schild. 3 Gates stehen zur Verfügung sobald dann die Passagierflüge kommen. Wir waren dann mal schon da. Die anderen Maschinen draußen sind zwecks Überholung und Testflügen hier. Ah so. Leider war alles so neu, dass es noch nicht mal eine Kaffeemaschine gab. Gut so. Da wir recht gut in der Zeit lagen, wollten wir gleich weiter. Bei der DFS angerufen und neue Startzeit für den Flugplan angegeben. Kein Problem. Guten Flug.

Und dann ging's endlich richtig los. Nächstes Ziel Schweden - Jönköping. Während dem Warmlaufenlassen noch schnell den Flugplan ins GNS430 eingetippt. Auch eine Premiere. Aber dank GNS430 Simulator war es dann doch relativ einfach. Die folgende Taxi Anweisung war verwirrend. Über Alpha zum Abflugpunkt. Aber Alpha endete bei ca. der Hälfte der Bahn. Der Tower meinte trocken. Ihr könnt auch die ganze Bahn haben. Kurz überlegt ob man nochmal 1.5km rollen wollte oder gleich starten. Da wird dann gutes airmanship, die volle Bahn zu nutzen, auch schon mal anders interpretiert. Die restlichen 1.5km reichen auch. Kurz nach dem Start kam dann schon die Küste in Sicht. Einfach genial.

Es ging von Küstenabschnitt zu kleinen Halbinseln und Inseln immer grob dem Flugplan entlang. Der Funk mit Kopenhagen FIR und dann Schweden FIR war kein Problem. Sehr freundlich, sehr gute Kommunikation.

Zwischen Kopenhagen und Malmö mussten wir uns unterhalb der Kontrollzonen durchmogeln. Ein Request to Cross Control Zone wurde wegen zu viel Traffic abgelehnt. Machte aber nix. Denn das Sight Seeing war dadurch viel schöner.

Hinter Malmö dann wieder Kurs nach Norden. Wow, so viele Seen und Wälder. Da wird es mit einer Notlandung schon spannend. Und dann kamen wir langsam ans Ziel. Jönköping. „Expect runway 01“. Also direkter Anflug. Dann meldet sich eine Verkehrsmaschine zum Abflug auf der Piste 19. Hm. Gegenkurs. Dann kommt schon die Anweisung ins Holding im Westen zu drehen und Einflug Kontrollzone melden. Ha ha, der letzte Flieger geht am Nachmittag raus und wir haben ihn erwischt. Na gut. Zwei 360-er dann dürfen wir auf der 01 landen. 2500m. Lange Bahnen sind einfach schön anzufliegen.

Wir sind angekommen und marschieren durch das International Arrivals Gate. Niemand da, bis auf den Service Counter. So ein leerer Verkehrsflughafen ist schon beeindruckend. Allerdings nicht, wenn man

  1. einen bestellten Mietwagen abholen möchte und
  2. wieder abfliegen möchte.

Zu 1.: Den Mietwagen haben wir nicht bekommen.
Zu 2.: Kommt nun der 2. Teil:

Zurück nach EDNX

Am Abflugtag machte der Flughafen erst gegen 12:00 auf, da um 13:00 eine lokale Maschine abheben sollte. Wir hatten zwar versucht durch unsere frühere Anwesenheit Druck aufzubauen, allerdings ist dies durch fehlendes Personal verpufft. Wir mussten also warten bis a) das Service Personal uns auf das Vorfeld lässt, b) der Tower besetzt wurde und c) der Flugplan ab 12:00 gefiled werden konnte.

Das Wetter wieder super genial. Allerdings versprachen starke Winde einen etwas holprigen Rückflug. Das Tolle an MFD VFR war die integrierte Wetterinfo. Allerdings ist die Farbkodierung etwas unschön gewählt, denn für Deutschland war alles voll Rot dargestellt. Aber laut GAFOR alles Charlie. Des Rätsels Lösung war der Wind, der dort durch seine Stärke mehr Aufmerksamkeit forderte. Aber dabei gleich alles Rot einzufärben war verwirrend.

Unser Kurs soll wieder EDOP sein. Allerdings fliegen wir gerade direkt über Barth/EDBH. Da wollte ich schon immer mal hin. Also kurze Info, dass der Flugplan geschlossen werden soll und wir an einem anderen Platz als gefiled, heruntergehen. Kein Problem. Ich solle eine deferred Landemeldung direkt bei der DFS machen. Nach der Landung bei der DFS angerufen und ihnen mitgeteilt, dass der Flugplan geschlossen werden kann und wir nicht in EDOP sondern EDBH runter sind. Kommentar: „Gute Wahl!“ Das haben wir uns auch gedacht.

Dann haben wir den Flieger wieder aufgetankt und eine kurze Pause eingelegt, um die neue Flugroute und -zeit zu klären. Ein kurzer Anruf bei EDNX, dass wir heute noch kommen werden bringt die Erkenntnis, die Pause nicht zu lange auszudehnen. Der angekündigte Wind kommt aus Osten und macht uns ein wenig langsamer. Außerdem müssen wir durch Leipzig Luftraum Delta und Kontrollzone. Der Start in Barth ist auch eine Augenweide. Mit der Küste im Rücken fliegen wir im Westen an Berlin vorbei. Ab jetzt gibt es wieder etwas mehr Wolken und die Thermik ist spürbar.

Der Versuch auf FL85 über den Wolken der Thermik zu entgehen ist bedeutend besser. Allerdings steigen so langsam auch die Wolken, sodass wir wieder runtergehen. Durchflug Leipzig wird stattgegeben. Und das, obwohl der Request noch von Bremen FIR angenommen wurde. Expect positiv approval to cross airspace delta. Dann werden wir von München Radar durch die Kontrollzone geführt. Einzig ein Schlenker um Grafenwöhr ist notwendig und dann sehen wir schon die Alpen.

Approved to leave Frequency. Mit der Landung in EDNX ist eine super schöne Flugreise zu Ende gegangen. Es war mein erster Flug als PIC aus Deutschland heraus. Die Flugbedingungen dazu waren optimal. Das Flugzeug für diese Reise ideal und technisch einwandfrei. Auch meine Mitflieger waren perfekt, denen ich hoffentlich einen schönen und unvergesslichen Ausflug bereiten konnte. Zumindest sah man noch den Staub vom Quadfahren in Schweden zwischen ihren Zähnen beim Grinsen.

Ich möchte an dieser Stelle dem Aeroclub München danken, dass er solche Flugvorhaben unterstützt und die Flugzeuge in erstklassigem Zustand hält um solche Reisen durchzuführen.

P.S.: interessant war auch, dass wir beobachtet wurden. Mittels Flightradar waren wir immer gut zu verfolgen. Allerdings scheint mir dass die Daten nicht immer stimmten. Die letzten angezeigten Daten sind bzgl. Position und Kurs vollkommen falsch.