Korsika Teil 2 – Das Ziel

Wieder einmal habe ich mit dem Ziel Korsika geködert. Diesmal meine Familie, die mit unseren beiden Teenagern schon sehr flugerfahren ist. Allerdings mit knapp über 3h sollte dies diesmal unseren bisher längsten nonstop Flug darstellen. Für die Kinder ist erstmal nur wichtig, dass Ihr Entertainment System funktionsfähig ist. Das Ziel: Calvi (LFKC).

Nun, auch diesmal galt es wieder, das Wetter zu beobachten. Der Wettergott schien ein Einsehen zu haben, denn die Vorhersage ließ einen Alpenflug zu. In der Früh dann nochmal das Wetter gecheckt, zusätzlich die DWD Flugwetterberatung speziell für die Alpen herangezogen, um die Gewitterwahrscheinlichkeit besser einzuschätzen. Da wir früh losgeflogen sind, war das Gewitterrisiko sehr gering.

Unseren Vereinsflieger, eine Piper PA28R-200, habe ich schon am Abend vorher vollgetankt und das Öl gecheckt, so dass wir nur am Morgen noch einladen mussten. Da der Flug diesmal recht lange über Wasser ging, waren natürlich Schwimmwesten mit am Mann / Frau. Nachdem der Flieger gecheckt und die Einweisung der Nutzung der Schwimmwesten abgeschlossen war, ging es dann auch gleich los.

Die Freude stieg mächtig. Der Flugplan wurde aufgemacht und wir nahmen direkten Kurs Brenner. In München war es noch recht diesig aber je höher wir stiegen und je näher die Alpen kamen, umso besser wurde das Wetter. Durchflug der Kontrollzone LOWI wie immer kein Problem. Ab Brenner sah man ein paar Wolken, die ein Überfliegen der Alpenspitzen nicht erlaubten. Über dem Brennertal entlang war es kein Problem. Bozen und Trento mussten wir durch deren Kontrollzone, aber es wurde uns immer ohne Probleme der Durchflug genehmigt. Ab Trento ging es wieder nach oben. Das half auch, Padova Information zu erreichen. Bis hierhin war es fast ein Standardflug wie nach Venedig. Hinter Trento ging es nach rechts weiter an der Gardasee Südspitze entlang, zwischen Brescia und Verona hindurch an Parma vorbei mit direktem Kurs Mittelmeer. Die Kontroller, auch die von Mailand, waren alle professionell und durchweg proaktiv dabei.  Schon meist kurz vor Erreichen des nächsten Reporting Points wurden die nächsten Frequenzwechsel mitgeteilt oder die weitere Streckenführung abgeglichen. Für die Durchflüge durch die Kontrollzonen rund um Mailand wurden wir auf die Radar Frequenz übergeben und wir waren gefühlt wie die Großen über uns unterwegs. Über dem Apennin, den italienischen Alpen, gab es wieder ein paar Wolken, die aber sehr einfach zu umfliegen waren. Man sah deutlich, wie die nassen Tage zuvor den Boden stark angefeuchtet hatten und nun die Sonneneinstrahlung die Wolken wachsen ließ. Unter uns flogen manchmal andere UL Piloten auf den veröffentlichten VFR Routen. Über uns das große Blech. Wir schienen die einzigen mit Kurs aufs Mittelmeer zu sein. Ab nördlich La Spezia sind wir dann aufs azurblaue Meer hinausgeflogen. Motor- und Segelyachten sowie Fährschiffe machten ein malerisches Bild nahe der Küste. Mit den Schiffen verschwand dann auch die Küste so langsam. Wir waren über dem Meer. Und ich stellte mir vor, wie das mit dem um-die-Welt-fliegen wohl wäre. Verglichen mit den kurzen Hopsern nach Schweden und Dänemark wäre das der nächste Schritt. Sollte man es mal wagen?

Im Kopfhörer gab es seit ein paar Minuten nur noch Rauschen. Hm, hab ich eine Frequenzänderung verpasst? Sonst wird man ja darauf hingewiesen. Also mal die französische Frequenz gerastet, aber auch da nur Rauschen. In der Karte gab es noch eine andere Frequenz für Milano Info, gerastet und siehe da. „D-EBIF please report next way point“.  „Next way point TORTU, D-EBIF“, „In case of radio loss please contact Bastia Info,  Have a good flight“.

Nach 45 min kam die korsische Küste in Sicht. Ab TORTU geht es über eine recommended VFR Route an die Südspitze Korsikas. Der Anflug in Korsika ohne große Umwege und professionell durchgeführt. „D-EBIF, you are cleared to land runway 36, number one“.

Und dann das Überraschungs-Ei: „D-EBIF, please provide PPR number for GAT“. „Unable, no PPR number, D-EBIF“.  Tja, seit 2 Tagen war es notwendig, dass man für das GAT eine PPR Nummer anfragen muss. Und zwar drei Tage vorher. Das hatte ich beim Lesen der NOTAMs wohl übersehen. Dafür wusste ich aber, dass eine neue Wetter Messstation eingerichtet wurde. Mittlerweile wurde  das auf Position 1 der NOTAM mit 24h notice gesetzt Es war am Flughafen nicht viel los und der erwartete Anpfiff blieb aus. Nur mit dem, was danach kam hatten wir nicht gerechnet. Ab hinter dem roten Strich der Runway sprach alles und jeder ausschließlich Französisch. Aber alle waren sehr nett und hilfsbereit. Mein Schul-Französisch, das seit über 30 Jahren vergessen war, musste reaktiviert werden. Ist wie Fahrrad fahren. Naja nicht ganz. Aber ganz lustig. Man versteht sich mit frenglisch.

Für den Abflug benötigen wir auch eine PPR Nummer. Soviel hatte ich nun herausgefunden. Die haben wir aber recht unbürokratisch bekommen. Auf einem kleinen Zettel und mit Uhrzeit.

Wie zuvor hatten wir kein Hotel gebucht. Nachdem das Gepäck aus der Piper ausgepackt und der Flieger gut am Boden verzurrt war, wurden wir zum Terminal gefahren und haben uns dort erstmal einen Mietwagen besorgt. Im Terminal gibt es wohl einen Premium  Aufschlag. Wir haben uns dann in die zweite Reihe außerhalb des Terminals begeben und nur noch knapp die Hälfte bezahlt. Trotz europäisch bekannter Marke.

Nach 2 Stunden Suche haben wir eine grossartige Unterkunft in Algajola gefunden. Wunderschön ist das kleine Dorf am Fuße der noch schneebedeckten Berge gelegen. Die Unterkunft ist eine kleine Pension, „Il Castellu“, direkt am bzw. im alten Kastell, ein Traum am Meer. Liebevoll eingerichtet inklusive Hamam.  Auch erreichbar mit der Küsten-Eisenbahn. Eine absolute Empfehlung!!

Das war also unsere Erkundungsbasis für die nächsten Tage. Von da aus unternahmen wir einige Ausflüge. Zu Fuß konnte leicht Algajola und der Strand erkundet werden. Mit dem Auto haben wir einmal eine Tour „in die Berge“ gemacht, bis zu dem mittelalterlichen Dörfchen Agostino. Am anderen Tag wurde am Vormittag im Sonnenschein Calvi angeschaut. Als wir damit zufrieden waren und Strandzeit einläuten wollten, fing es sehr zum Ärger der Kinder an, zu regnen. Was uns zu einer weiteren Erkundungstour im Auto veranlasste. Wir fanden per Zufall auf die kurvige Küstenstrasse westlich von Calvi und genossen trotz Regen die wildromantische Aussicht auf die Steilküste. Während wir die korsische Kultur und auch Küche genossen, haben uns unsere Kinder bestätigt, dass der korsische Strom ausreichend ist, um Ihr Entertainment System am Laufen zu halten und sogar das Free Wifi deutlich schneller als zu Hause ist. (Liebe Telekom, vielen Dank dafür, denn somit habe ich immer einen Köder für weitere Reisen).

Es gibt tatsächlich noch die verschlafenen kleinen Dörfer die über kleine kurvige Strassen miteinander verbunden sind. Aber ein Geheimtipp sind sie nicht mehr. Viele Motorrad- und Autofahrer aus dem In- und Ausland, sowie Fahrradfahrer und Wanderer. Man begegnet ihnen immer und überall. Inklusive Bus und Wohnwagen. Wie mag es wohl erst in der Hauptsaison zugehen? Dennoch hat uns Korsika sehr gefallen. Und das nur knapp über 3 Stunden von München entfernt.

Am Tag vor dem geplanten Rückflug wieder das übliche Wetterthema. Über den Alpen und auch in Südbayern hatten in den letzten Tagen Regenschauer den Boden eingeweicht und mit der Sonneneinstrahlung gab es nun vermehrt Wolken und Gewitterneigung, auch schon vormittags. Also wieder mit dem DWD Flugwetterdienst telefoniert. Der meinte, dass es besser wäre, am Festland Italien/Apennin etwas später anzukommen. Dagegen war für die Alpen ein möglichst frühes Eintreffen empfehlenswert. Tja. Alternative war, weitere 2-3 Tage auf Korsika zu bleiben. Ich entschloss mich, zu fliegen und über Pisa und Florenz über den Süden Italiens auszuweichen. Mit dem Flugplan und der PPR-Nummer waren wir dann perfekt vorbereitet. Die Piper hatten wir unter der Woche volltanken lassen – am Ankunftstag war der Tankwart mittags schon nach Hause gegangen – und waren somit nach dem Verstauen des Gepäcks und der Vorflugkontrolle pünktlich abflugbereit. Wir flogen wieder über den Norden Korsikas raus auf das Meer, um dann auf Kurs Elba Richtung Italien zu fliegen. Die FEW-Bewölkung über dem Meer konnte man on top wunderbar überfliegen. In der Ferne sah man allerdings schon das erste Hindernis.

Riesige Wolkenberge türmten sich bis nach ganz oben. Richtung Genua war es noch nicht ganz so hoch. Ich forderte einen Wetterbericht für Genua an, das CAVOK meldete. Pisa allerdings meldete IMC. Ich entschied mich, den Pisa-Ausflug abzubrechen und eine neue Route über Genua und dann Mailand/Bergamo zu nehmen. Überm Meer hatte ich Zeit, mir die neue Route zurechtzulegen und auch im GNS430 nachzuziehen. „Milano Information, due to cloud on our way we fly via Genova, D-EBIF“, „D-EBIF, please report Genova in sight“. Noch bevor ich mich melden konnte, wurden wir zur Koordination des weiteren Flugverlaufs an Genova Approach weitergeleitet. Der Plan war bis spätestens Gardasee unter die Wolken zu gehen um in die Brennerroute einzufliegen.

Als wir Genua erreichten, war der Flughafen CAVOK und zum Meer alles frei. Dahinter waren aber Wolken. Für mich also der Plan B, in Genua zu landen, falls wir kein Loch finden würden.

Genua Approach hatte ich um Wetter für Bergamo und Brescia gefragt. Für Bergamo erhielten wir Sicht bei Dunst 5000m, SCT bei 2000 Fuss. Wir flogen dann über Voghera, Pavia dann Richtung Brescia. Kurz hinter Pavia gab es dann einige Lücken in der Wolkendecke und wir konnten den Boden sehen. Also nichts wie runter. Inzwischen wieder bei Milano Radar: „Request descent 2500 Feet, we will do a 360 to avoid clouds, D-EBIF“, „D-EBIF, descent 2500 feet approved, please contact Milano Information when reaching 2500 Feet“.

„Unten“ angekommen flogen wir im Dunst. Ein wenig tiefer waren die Sichten wieder gut und in Richtung Gardasee wurde es immer besser. Hier unten war fliegerisch mehr los. Die Italiener mit UL und Echo Maschinen waren unterwegs. Wir mussten uns aus den Kontrollzonen heraushalten. Dazu waren aber nur kleine Kurskorrekturen notwendig. Ab Brescia ging es dann direkt nach Peschiera zum Gardasee und von dort in die Brenner Route. Die Wolken waren hier nur noch FEW bei 3500 Fuß. Wir hätten also noch Zeit gehabt, mit dem Loch. Kurz vor Trento dann ein Mega Schauer, den wir unterfliegen mussten. Nachdem mit Padova Information so tief keine Verbindung mehr klappte, koordinierten wir unsere Route mit Trento Info direkt. Das klappte problemlos. „Trento Info, request passing controlzone via Sierra und November 3500 feet to avoid clouds, D-EBIF“, „D-EBIF, enter controlzone via Sierra approved, please report overhead airfield“.

Nach Verlassen Trento Info geht’s gleich weiter nach Bolzano Info. Der Wolkenbruch war vorüber und wir konnten wieder höher steigen. Auch hier mussten wir durch die Kontrollzone, um den Wolken auszuweichen. „Bolzano Info, request passing controlzone via Sierra and Echo1 to avoid cloud, D-EBIF“, „D-EBIF, enter clontrolzone via sierra approved, please report echo1“. Nach Echo 1 stiegen wir weiter auf 5000 Fuß und dann 7000 Fuß. Die Wolken über der Brennerroute waren quasi nicht mehr vorhanden, also CAVOK.  Links und rechts lagen die Wolken allerdings auf den Bergen auf. Padova Information hatte uns wieder auf dem Schirm. Eine weitere Maschine war hinter uns unterwegs und man machte uns darauf aufmerksam, dass dieses Flugzeug ca. 7 min nach uns am Brenner sein werde. Dann verloren wir den Funkkontakt und meldeten uns bei Innsbruck Radar.

„Servus D-EBIF, Einflug Kontrollzone in 9000 Fuss freigegeben, nächste Meldung Sierra“, „Innsbruck Radar, wie schaut’s denn wettertechnisch mit November aus, D-EBIF“, „Basst ah“, „Dann bitte Querung via November 2, D-EBIF“, „November 2 freigegeben, nächste Meldung November 2“.

Nach November 2 Meldung bei Langen Information und Welcome Home. Es ging dann wieder mit 150 Knoten und 500 ft/min Sinkflug in den Anflug auf EDNX.

Nach 3:29 min sind wir sicher gelandet. Um gleich vom Zoll in Empfang genommen zu werden. Wir wunderten uns noch, was ein Polizei-Bulli und ein Zoll-Bulli bei uns am Vorfeld machen. Razzia? Tja, die Razzia fand bei uns statt. Gleich mit dem Reinrollen zur Tankstelle sind sie mitgefahren. Kaum war die Piper-Tür offen, gab es enttäuschte Blicke auf den Gesichtern der Beamten. „Achso, ihr seid eine Familie?“, „Äh, ja? Was hattet Ihr erwartet?“, „Wir wurden von einem Einsatz direkt hierher gerufen und sollten hier auf die Maschine warten“, „OK? Und was jetzt?“, „Können wir das Gepäck durchsuchen?“, “ Klar, wenn die Mitflieger aufs Klo dürfen, denn wir haben sowas nicht in der kleinen Maschine. Wie lange wartet ihr denn schon?“, „45 min. Der Flugleiter wusste nicht, dass ihr kommt“, „Ja, weil wir VFR fliegen“. Den Flugplan kennt nur Eurocontrol. Tja, wer hat da wohl gepetzt? Die Polizisten waren sehr freundlich. Sie kontrollierten die Ausweise und nachdem sich die Enttäuschung über ein so kleines Flugzeug gelegt hatte, wollten sie dann auch schnell wieder weg. Nun waren wir gut in Deutschland angekommen. Ob ich sie das nächste Mal auch anrufen kann, um Zoll- und Personenabfertigung zu machen? Die Frage hatte ich mir allerdings verkniffen, denn wir wollten noch tanken, auspacken und den Flieger putzen. Ich hatte mich dann gefragt wie lange sie wohl gewartet hätten, wenn wir Plan B gezogen hätten? Wir hatten eine geniale Flugzeit nach und auch eine super schöne Aufenthaltszeit auf Korsika. Das Wetter muss für ein solches Vorhaben nicht immer CAVOK aber dennoch fliegbar sein. Um das einzuschätzen sind die Wettertools alle sehr brauchbar inklusive der telefonischen Wetterberatung. Ich musste aber erst durch mehrere Flüge lernen die Informationen richtig zu bewerten. Eine solche Unternehmung ist fliegerisch ein echtes Highlight und besteht zweifelsohne noch den Coolness Faktor bei den Kids.

Flugdaten

Hinflug: EDNX – LFKC

  • Flugzeit: 3:05 h
  • Geflogene Distanz: 388 NM
  • Route: VFR KOGOL LOWIS GOGEM EKPEB SUMIR LEDKO USOBU KALIK IDONA TORTU MB IR LFKCE

Übernachtung

U Castellu Guesthouse, 8 Place Du Chateau, 20220 Algajola, Corse

Rückflug: LFKC - EDNX

  • Flugzeit: 3:29 h
  • Geflogene Distanz: 434 NM
  • Route: VFR LFKCE MB OTMU GEN VOG DIVIP KOXUD BRESCIA IDREK Trento Bolzano Brenner LOWIS KOGOL

Ein Bericht von Thomas Nachbar